Apportieren

ist für alle Caniden etwas völlig normales. Es ist das zutragen der Jagdbeute, des Futters für die Jungen oder das anbieten der erjagten Beute dem Rudelführer oder dem gesamten Rudel.

Bei unseren Haus- und Jagdhunden sind wir der Rudelführer. Leider ist bei vielen Hunderassen das natürliche Instinktverhalten so sehr geschädigt, daß dieses normale Verhalten dem Ranghöchsten gegenüber oft verlorengegangen ist. Deshalb ist das Apportieren nicht nur die einfachste und beste Methode, seinen Hund anspruchsvoll und reichlich zu beschäftigen sondern auch ein äußerst probates Mittel, die natürliche Rangfolge wieder herzustellen.

Daß das Zutragen von Gegenständen auch noch sehr nützlich sein kann, denkt man nur an die Führerrückfährte und den verlorenen Auto- oder Hausschlüssel, ist ein weiterer positiver Aspekt. Mir ist ein Fall bekannt, bei dem eine Weimaraner-Hündin erfolgreich zur Suche nach einem geladenen Revolver eingesetzt wurde, den ein Jäger in der Abenddämmerung und in der Aufregung um ein erlegtes Stück Schalenwild verloren hatte. Ein im Apportieren weniger gründlich ausgebildeter Hund wäre dieser Aufgabe nicht gewachsen gewesen.

Nochmals : das Zutragen von Gegenständen ist für den Hund die normalste Sache der Welt. Was das Apportieren für viele Hundeführer zu einer so großen Hürde macht, ist die  Pflicht, der Zwang, nach einem einmal erteilten Kommando zum Apport das Bringen auch durchzusetzen. Apportieren hat nichts, aber auch gar nichts mit Stöckchen bringen oder Ball spielen zu tun. Apportieren ist Arbeit und Unterordnung. Wobei festzustellen ist, daß den Hunden diese Arbeit sehr viel Spaß machen kann. Nicht umsonst spricht man bei Jagdhunden von Bringfreude. Wenn es ein Ausbilder oder Hundeführer versteht, seinem Hund die Freude am Erfolg zu vermitteln, bekommt er einen Apportierer par excellence.

Dieser Unterschied zwischen spielerisch erlerntem und unter Erfolgszwang angeeignetem wird deutlich, wenn es um Bringen unter erschwerten Bedingungen geht, zum Beispiel beim Bringen aus tiefem Wasser oder beim Bringen lebender Tiere oder einfach auch nur bei ungewöhnlichen Gegenständen wie z. B. dem oben  erwähnten Revolver. Das Bringen lebender Tiere kommt in der jagdlichen Praxis durchaus öfter vor als gemeinhin angenommen, wobei vom gut veranlagten und instinktsicheren Hund hervorragend unterschieden wird, welches Wild unbedingt abzuwürgen ist ( Raubwild / Raubzeug  wie Fuchs, Marder, Iltis, Katze ), wobei hart zugegriffen werden muß, welches Wild getötet werden kann ( angeschossenes Haarwild ) und welches lebend gebracht werden sollte ( Federwild, krankes Wild und Jungtiere ). Ein wenig Übung mit unterschiedlich schweren Bringgegenständen und ein intaktes Nervenkostüm sorgen für brauchbare Leistungen. Man darf dabei nie vergessen, daß der Grund zu aller jagdlichen Hundearbeit das Erlangen der Beute ist, damit der Mensch seinen Nutzen an dem erlegten Stück Wild hat. Deshalb sind Hunde, die jedes Wild übermäßig hart greifen, als mit Wesensmängeln behaftet für die praktische Jagd unbrauchbar. Genauso unbrauchbar aber ist jener Hund, der das Bringen verweigert, der am Fuchs oder Marder angeekelt den Kopf zur Seite dreht und nicht zugreift. Jene, die sich weigern, Lebendes zu greifen und zu tragen, gehören in den selben Topf.

Die Frage, ob der eigene Hund über ein gesundes Instinktverhalten und intaktes Nervenkostüm verfügt, sollte eigentlich schon ausreichend Motivation sein, um mit dem Hund das Apportieren zu arbeiten.

Besonders bei den vielseitig verwendbaren Deutschen Vorstehhunden ist Bringfreude genetisch stark verankert. So mancher Waidmann ist deshalb versucht, sich mit dieser intensiv ausgeprägten Anlage seines Hundes zufrieden zu geben und das Apportieren nicht gezielt zu arbeiten. In 90 % aller Fälle wird ihn sein Hund auch nicht enttäuschen. Aber wehe, der Hund schwimmt einmal mit der für den Kochtopf geschossen Ente an das andere Ufer eines Wassers und beginnt dort, das Stück Federwild genüßlich zu zerrupfen ! Hilf- und machtlos muß man dann zusehen, und der Hund ist für das Bringen endgültig verdorben. Spätestens jetzt muß man es unter Zwang nacharbeiten, nur daß es nun erheblich schwieriger ist und unendlich mehr Aufwand, Geduld und Konsequenz verlangt. Denn solch ein Hund verweigert sich bestimmt !

Daß allein schon ungewöhnliche Gegenstände ausreichen, um das Bringen zu verweigern, wenn es nicht unter Zwang erlernt wurde, habe ich einmal der kompletten SchH III - Riege eines Hundesportvereins bewiesen. Ich habe eine volle Bierflasche 50 Meter weit ausgebracht und diese von meiner Aisha apportieren lassen. Keiner der hochprämierten SchH III - Hunde war dazu zu bewegen, diese Flasche ebenfalls zu bringen, auch nicht auf kürzeste Distanz, egal, wie lustig die Flasche geworfen wurde. Sinn dieser Demonstration damals war, den Schutzhundeleuten zu beweisen, daß über den Zwang freudiges und vor allem absolut zuverlässiges Bringen erreicht werden kann.

Schutzhunden wird das Bringen spielerisch beigebracht. Sie müssen ein Bringholz auf Wurfdistanz und über Hindernis bringen. Bewertungskriterium laut deren PO ist das schnelle und freudige Bringen. Deshalb werden Schutzhunde von Anfang an ausschließlich auf das Bringholz eingestellt und durch die spielerische, aber vielhundertfache Wiederholung wird brauchbare Zuverlässigkeit erreicht - solange es um das Bringholz geht. Wird der Gegenstand gewechselt, ist es mit der Zuverlässigkeit meist vorbei. Eine Begründung für diese Art der Ausbildung ist in der Fährtenarbeit zu finden, bei der der Hund einer Fußspur zu folgen hat, auf der Gegenstände liegen. Diese Gegenstände, normalerweise handelt es sich um Tücher, dürfen vom Hund nicht gegriffen werden, er soll sie durch stehenbleiben, vorsitzen oder vorliegen verweisen. Die zweite ist definitiv die gezeigte Freude des Hundes, sein Eifer beim Bringen, und bis zu einem gewissen Grad haben die Schutzhundeleute recht, wenn sie sagen, daß Zwangsapport dem Hund diese Freude erst einmal nimmt.

Deshalb zeigt sich beim Apportieren der wahre Hundeführer, der Meister im Loben. Denn die Freude des Hundes, seine Begeisterung kommt mit dem Erfolg, und je größer das Lob, desto größer der Erfolg für den Hund, desto schneller, zuverlässiger und vielseitiger wird seine Bringleistung. Jeder Hund wird den Menschen am meisten lieben, von dem er gefordert wird. Der ihm einen eindeutigen Platz im Rudel zuweist,  dem er all sein Können und alle seine Fähigkeiten beweisen darf, und von dem er dafür gelobt und gestreichelt wird. 

Wie beim Menschen, so gibt es auch unter Hunden unterschiedliche Charaktere. Arbeitswillige und Faule, Lernfreudige und Dumme, Disziplinierte und Unbeherrschte, Choleriker und sanftmütige Dulder. Jeder Hund braucht, um mit dem geringstmöglichen Aufwand ein optimales Ergebnis zu erzielen, ein speziell auf seinen Charakter abgestimmtes Trainingsprogramm.

Die nachfolgende Anleitung folgt einem Standard. Nach dieser Methode haben schon tausende von Hunden das zuverlässige Apportieren erlernt. Den Unterschieden in der Mentalität ( oder auch Qualität ) der Hunde wird man durch die Anzahl der Wiederholungen gerecht. Manche Hunde begreifen eine Übung erst nach 50 oder 60 Wiederholungen, andere schon nach zehn.

Die Ausbildung folgt den Schritten Dulden - Halten - Tragen - Greifen - Bringen. Jeder einzelne Schritt sollte mit unterschiedlichen Bringgegenständen durchexerziert werden. Ich benutze die Gegenstände : Jutebringsel, Bringholz, Gänse- oder Entenflügel, Schwimmdummy, und den Oberländer Apportierbock, einmal mit Hasen- und einmal mit Fuchsbalg. Begonnen wird immer mit dem Apportierstück, das der Hund am besten akzeptiert. Dann wird gesteigert. Nach meiner Erfahrung wird das Bringholz gut angenommen, dann kommt das Jutebringsel, der Gänseflügel und zum Schluß der Oberländer Apportierbock mit Fuchsbalg. Wird dieser Wechsel zwischen den Bringgegenständen nicht bereits während den einzelnen Schritten der Grundausbildung geübt, kann es sein, daß der Hund nach Abschluß aller Übungen bei einem neuen Gegenstand verweigert und die Ausbildung noch einmal ganz von vorne beginnen muß. Wird der Hund von Anfang an darauf eingestellt, daß es viele verschiedene Bringsel gibt, wird er bei der Umstellung auf neue Objekte, wie z. B. Wild, viel williger und unproblematischer reagieren. Die gesamte Ausbildung erhält dadurch ein solides Fundament. Soll der Hund auch für die Wasserarbeit vorbereitet werden, muß als fünfter Bringgegenstand der bei den Retrievern gebräuchliche Schwimmdummy ( oder ein Segeltuchsack ) benutzt werden. Der Schwimmdummy hat einen relativ großen Querschnitt, dadurch wird der Hund gezwungen, seinen Fang weit zu öffnen. Der Dummy wird von den meisten Hunden gut angenommen, weil er auf dem Wasser weit zu sehen ist; und ist man sich seines Hundes noch nicht ganz sicher, kann er an eine lange Leine gebunden werden. Er geht dadurch auch in fließendem Gewässer nicht verloren.

Wer ganz gründlich sein will, besorgt sich noch einen Apportiersack. Der ist besonders gut geeignet, den Hund auf das richtige Greifen und Tragen von großem und schwerem Wild wie Hase und Fuchs vorzubereiten. Für das Gegenteil, das Tragen von sehr leichten, zerbrechlichen Gegenständen oder das lebend apportieren von Federwild kann man einen in Hundefachgeschäften als Spielzeug angebotenen Quietschigel benutzen. Der Hund lernt dabei, daß er dieses Bringsel so vorsichtig tragen muß, daß es nicht schreit (quietscht). Auf diese Art und Weise habe ich schon sehr erfolgreich üble Knautscher korrigiert. Allerdings darf dieses Spielzeug dann unter gar keinen Umständen dem Hund zum spielen gegeben werden.

Was aber tun, wenn diese 08/15 - Methoden nicht greifen, weil sich der Hund verweigert ? Es gibt z. B. Hunde, die bei Beginn des Apport-Trainings durch absolut nichts dazu gebracht werden können, auch nur einen Meter weit zu gehen, sobald sie etwas im Fang tragen. Diese Hunde lassen sich lieber viele Meter über Feld-, Sand- oder Asphaltwege zerren, spreizen sich mit allen Vieren gegen jeden Schritt, bis die Ballen wund sind, halten dabei aber das Apportierstück krampfhaft fest. Sie benehmen sich wie die personifizierte Sturheit.

Für diese Hunde ist es besser, nach dem Dulden sofort das Greifen zu lernen und das Tragen zusammen mit dem Aufnehmen vom Boden. Das gilt auch für jene Hunde, die irrational reagieren, die beim geringsten Anzeichen von Zwang wie wild um sich beißen oder hysterisch werden. In vielen Ausbildungskursen werden diese Hunde mehr oder weniger deutlich als Köter klassifiziert und von der weiteren Ausbildung ausgeschlossen. Warum sollte man sich als Ausbilder auch von einem fremden Hund beißen lassen ? Oder als Besitzer vom eigenen ? Oft liegt es aber nur daran, daß diese Hunde bis zu diesem Zeitpunkt noch nie stark unter Druck gesetzt wurden, daß sie noch nie zu konzentriertem Lernen gezwungen waren, oder daß die Rangordnung innerhalb der Familie nicht zweifelsfrei geklärt ist.

Für alle Betroffenen nachfolgend eine einfache, aber wirkungsvolle Methode, sich trotzdem in aller Ruhe durchzusetzen, ohne sich auf Konfrontationen einzulassen, die gesundheitsgefährdend sind und deren Ausgang nicht immer von vorneherein feststeht.

Der Hund bekommt zwei Gliederhalsketten umgelegt. An der oberen wird er mit einer kräftigen, etwa 3 - 5 m langen, möglichst unelastischen Leine an einem festen Haltepunkt hinter dem Hund angeleint. Eine Hanfleine ist besser als Nylon, Leder besser als Hanf und am allerbesten ist ein dünnes Stahlseil, das gibt keinen Millimeter nach, und der Hund hat bei nachlassendem Zug sofort wieder einen freien Hals. Der Ausbilder sitzt außerhalb der Reichweite des Hundes vor ihm auf einem Stuhl und hat die in der unteren Halsung eingehängte Führleine in der einen, das Apportierstück in der anderen Hand. Gleichzeitig mit dem Kommando Apport ! zieht man kraftvoll, aber ohne Ruck an der Führleine. Es entsteht eine Scherenwirkung, und über kurz oder lang, wenn auch nicht unbedingt gleich beim allerersten Versuch, wird der Hund den Fang öffnen. Sofort bekommt er das Apportierstück in den Fang geschoben, gleichzeitig wird aller Zug von beiden Leinen genommen.

Hunde mit Wesensmängeln werden dabei erst einmal hysterisch reagieren, andere in stummen Protest die Kiefer fest zusammenpressen und den Fang nicht öffnen. Deshalb ist es von außerordentlicher Wichtigkeit, daß der Ausbilder absolut ruhig und für den Hund sichtlich überlegen bleibt. Darum auch die Empfehlung, sich dabei auf einen Stuhl zu setzen. Allein die Tatsache des Sitzens bewahrt viele Ausbilder davor, sich von der Hektik eines Hundes anstecken zu lassen. Der Hund muß die ruhige Entschlossenheit des Ausbilders spüren und erkennen, daß ihm keinerlei Möglichkeiten zum Ausweichen gegeben sind.

Richtig durchgeführt, wird mit dieser Übung bereits nach wenigen Wiederholungen die gewünschte Verknüpfung - vorgehaltene Bringsel und Apportiergegenstände sind zu greifen und festzuhalten - hergestellt. Sobald der Hund willig zugreift und gut festhält, wird sofort mit dem Aufnehmen vom Boden weitergearbeitet, ebenfalls mit doppelter Halsung und einem zuverlässigen Helfer an der zweiten Leine. Dabei wird der Apportiergegenstand einige Meter vor dem Hund abgelegt und der Hund zwischen beiden Leinen herangeführt. Kurz vor dem Apportiergegenstand wird das Kommando Apport! gegeben und beide Leinen kurz straff nach vorne gezogen. Im Regelfalle genügt bereits eine leichte Einwirkung, um den Hund zum Aufnehmen zu veranlassen. Er darf das Apportierstück ein paar Meter weit tragen, muß sich dann zum korrekten Ausgeben hinsetzen, und einer der Ausbilder nimmt ihm mit viel Lob das Apportierstück ab. Dadurch lernt der Hund das Tragen nebenbei, weil das Schwergewicht der Übung auf dem Greifen liegt. Mit fortschreitender Übung genügt bereits ein leichter Leinenruck oder einfach nur der Griff an die Halsung, um den Hund zum Aufnehmen zu bewegen.

In ähnlicher Weise wird bei der Einarbeitung des Apport aus dem Wasser vorgegangen. Man sucht sich ein möglichst stehendes oder schwach fließendes, nicht allzu breites Wasser ( 5 - 10 Meter ) und bildet aus 2 oder 3 zusammengehängten Feldleinen eine Endlosleine, an der der Hund mittels Helfer in jede Richtung dirigiert werden kann. Notfalls kann man den Hund damit so lange im Wasser halten und immer wieder an das Apportierstück herandirigieren, bis er das gut schwimmende Apportierstück (Segeltuchsack / Schwimmdummy) greift und bringt. Die Kommandos "Voran!" und "Hinüber!" sollte der Hund vor den ersten Apportierversuchen im Wasser bereits gut kennen.

Mit dem Bringen aus tiefem Wasser darf erst begonnen werden, wenn

  • der Hund mühelos und ruhig schwimmt und nicht mehr planscht. Auch dabei ist die Endlosleine hilfreich.
  • der Hund jeden beliebigen Gegenstand auf mindestens 30 Meter Distanz sicher vom Boden aufnimmt und zuträgt.

Bei der Einarbeitung im Wasser ist ein zweiter, erfahrener, will heißen bereits ausgebildeter Hund sehr hilfreich. Ihn kann man mit der langen Leine über das Wasser schicken, um die Endlosleine zu bilden, oder das Apportierstück bringen lassen, wenn der Neuling, aus welchen Gründen auch immer, daran permanent vorbeischwimmt. Dies kommt besonders dann vor, wenn der unerfahrene Hund auf das Auge eingestellt ist und zum ersten Mal mit totem Wild gearbeitet wird. Sobald das Gefieder zu stark durchnäßt ist, kann der Hund das Wild von der Wasseroberfläche aus praktisch nicht mehr erkennen, und unerfahrene Hunde, oder solche, die ohne Naseneinsatz arbeiten, oder für die das Schwimmen allein schon Arbeit ist, finden es dann nicht mehr.

An Gerät wird für die gründliche Ausbildung neben den bereits erwähnten Apportiergegenständen benötigt eine Führleine ( 1,20 m ), eine Feldleine und eine oder zwei Gliederhalsketten mit langen Gliedern. Der Vorteil der Halskette gegenüber der Lederhalsung besteht darin, daß sie den Hundehals sofort wieder freigibt, wenn der Leinenzug weggenommen wird. Die Lederhalsung bleibt zu. Die Gliederhalskette läßt sich mit dem Sicherheitskarabiner der Führleine auf jede beliebige Länge einstellen ( verkürzen ), der Lederwürger nicht. Bei hartnäckigen Hunden ist außerdem noch ein Lederhandschuh ganz praktisch.

Apportieren

Bitte denken Sie bei den nachfolgend beschriebenen Übungen daran, daß eine Übungssequenz aus bis zu 20 oder 30 Wiederholungen besteht, bevor eine kurze Pause gemacht wird, oder der Hund durch eine andere Übung wie z. B. das Ablegen oder durch einige Gänge Leinenführigkeit Gelegenheit bekommen muß, sich neu zu sammeln und zu konzentrieren. Arbeiten Sie jede einzelne Übung mit möglichst vielen Apportiergegenständen durch, bevor Sie zu einer neuen Übung weitergehen. Und noch etwas, eigentlich ganz selbstverständliches : unmittelbar vor oder nach den Bringübungen wird kein DOWN geübt !

Das Apportieren beginnt mit der 

1. Übung : Dulden und Halten eines Apportierstückes

Der Hund ist angeleint. Mit einer Hand greifen Sie das Apportierstück an einer Seite ( nie in der Mitte ) und halten es dicht vor den Fang des Hundes. Mit der anderen Hand fassen sie über den Nasenrücken beidseits an die Lefzen des Hundes. Gleichzeitig mit dem Kommando "Apport !" drücken Sie die Lefzen kräftig gegen die Zahnreihen des Oberkiefers, bis der Hund den Fang öffnet. Notfalls drücken Sie den Fang mit den Fingern auf. Sobald der Fang öffnet, schieben Sie blitzschnell das Apportierstück in den Hundefang, fassen mit einer Hand unter den Unterkiefer des Hundes, damit der Fang zu bleibt und streicheln mit der anderen Hand den Kopf des Hundes, während Sie beruhigend, freundlich und leise auf den Hund einreden. Hat der Hund das Apportierstück ein paar Sekunden im Fang geduldet, wird ihm der Gegenstand sehr sanft mit dem gleichzeitg sanft und ruhig gesprochenen Kommando "aus" wieder abgenommen. Erst nach dem Ausgeben ist die Übung beendet, der Hund wird überschwenglich gelobt.

Anzahl Übungen : mehrmals täglich mit 15 bis 30 Wiederholungen pro Übungssequenz.

Ziel der Übung : der Hund muß lernen, auf das Kommando Apport den Fang aufzumachen und den Gegenstand, den Sie Ihm vorhalten, so lange im Fang dulden, bis Sie ihm diesen Gegenstand wieder abnehmen.

Die Übung ist erfolgreich, wenn sich der Hund gegen den Apportiergegenstand nicht wehrt und von sich aus zuverlässig so lange festhält, bis Sie sich den Gegenstand wieder geben lassen.

2. Übung : Tragen des Apportierstückes

Der Hund ist angeleint. Wie in der Grundübung beschrieben wird dem Hund das Apportierstück in den Fang geschoben. Der Hund hat inzwischen gelernt, verschiedene Apportierstücke festzuhalten. Nun soll er ein paar Meter weit tragen. Sofort nachdem das Apportierstück im Fang ist, greift die rechte Hand unter den Unterkiefer des Hundes und stützt diesen ab, so daß der Fang zu bleibt. Die linke Hand zieht den Hund mit der Leine in kleinen, je nach Verhalten des Hundes sanften oder energischen Rucken nach vorne; zugleich bewegt sich der Hundeführer rückwärts.

Läßt der Hund das Apportierstück fallen, muß sofort und mit lauter Stimme geschipft werden ( was soll denn das ?!!! ) und der Hund mit erneutem Kommando Apport ! zum Annehmen und Festhalten des Apportierstückes  gebracht werden.

Bewegt sich der Hund zögernd oder ängstlich in Richtung Hundeführer, wird der Hund zusätzlich durch sanften und lobenden Zuspruch aufgelockert und ermuntert.

Stellt sich der Hund stur und bremst mit allen Vieren, wird er durch ein paar energische Leinenrucke dazu gezwungen, dem rückwärts gehenden Hundeführer zu folgen.

Sind auf diese oder jene Weise ein paar Meter zurückgelegt, darf sich der Hund setzen, die rechte Hand des Hundeführers ist dabei immer noch unter dem Unterkiefer des Hundes, und auf das sehr sanft gesprochene Kommando "AUS" das Apportierstück ausgeben. Wird das Apportierstück nicht freiwillig hergegeben, wird mit einem Knie vor der Brust des Hundes und unter sanftem aber bestimmtem Zug mit gleichzeitigen gedehnten "AAAUUUUS" dem Hund das Apportierstück abgenommen.

Ziel der Übung : der Hund muß lernen, einen beliebigen Gegenstand ( Anfangs das Bringholz, Jute-Bringsel oder Apportierbock ) so lange zu halten und zu tragen, bis der Hundeführer sich diesen Gegenstand ausgeben läßt.

Die Übung ist erfolgreich, wenn der Hund ohne jegliche Einwirkung das Bringsel mehrere Meter trägt, sich auf Kommando mit dem Bringsel hinsetzt und dieses dann auf Verlangen hergibt.

3. Übung : Greifen

Mit dieser Übung soll erst begonnen werden, wenn der Hund alle Apportierstücke willig und ohne wegzuwerfen oder fallen zu lassen eine längere Strecke weit neben Ihnen herträgt und zuverlässig erst auf Kommando ausgibt.

Der Hund ist angeleint und sitzt rechts neben Ihnen. Sie knien neben dem Hund, mit einem Fuß stehen Sie auf der Leine.

Die Halsung wird so eng gestellt, daß die Hand gerade noch gut eingeschoben werden kann. Sie greifen dem Hund mit der rechten Hand von unten in die Halsung und halten mit der Linken das Apportierstück dicht vor den Fang des Hundes. Gleichzeitig mit dem Kommando "Apport !" drehen sie mit der Hand die Halsung noch enger und drücken gleichzeitig den Kopf des Hundes nach vorn zum Apportierstück. Dieser Bewegungsablauf muß energisch, schnell und kompromißlos sein. Der Hund wird als Folge dieser Einwirkung den Fang öffnen. In diesem Moment wird der geöffnete Fang über das Apportierstück geschoben und der Zwang schlagartig beendet. Dadurch hat der Hund das Apportierstück plötzlich im Fang und hält es fest.

Ausgiebiges und überschwengliches Lob signalisieren dem Hund, daß wir vom Ergebnis hocherfreut sind. Erst auf Kommando "AUS !" darf der Hund das Apportierstück wieder ausgeben. Achten Sie bitte darauf, daß Sie das Apportierstück nie in der Mitte, sondern immer an einem Ende in die Hand nehmen.

Diese Übungssequenz muß bis zu 20 oder 30 mal unmittelbar aufeinanderfolgend wiederholt werden, um beim Hund zur Verknüpfung des Kommandos "Apport !" mit dem Greifen eines Apportierstückes zu führen.

Ziel der Übung : der Hund muß lernen, auf das Kommando "Apport !" nach jedem ihm vorgehaltenen oder bekannten Bringgegenstand selbständig zu greifen und diesen festzuhalten.

Die Übung ist erfolgreich, wenn der Hund allein beim Anblick eines vorgehaltenen bekannten Apportierstückes den Fang öffnet, um danach zu greifen.

Diese Methode ist für praktisch alle Hunde geeignet, so haben bei mir schon Schäferhunde, Rottweiler, Pudel und Chow-Chow das Apportieren erlernt. Das andernorts übliche Ohrenkneifen oder auf die Pfoten treten ist überflüssig.

Übung 4 : Apportierstück vom Boden aufnehmen

Mit dieser Übung sollte erst begonnen werden, wenn der Hund auf Kommando das vorgehaltene Apportierstück greift.

Aus der schon bekannten Aktion mit dem vorgehaltenen Bringsel wird das Vorhalten nun nach oben und unten variiert. Ebenfalls wird vom Hund verlangt, daß er sich nun eine größere Strecke ( 30 - 50 cm ) mit dem Kopf auf das Apportierstück zubewegt. Der Hund muß lernen, das Apportierstück zu identifizieren und es aus allen Richtungen greifen.

Hat ein Hund begriffen, worum es geht, erkennt man das mühelos daran, daß er mit den Augen und dem Kopf jedem vorgehaltenen Bringgegenstand folgt.

Bei diesen Greifübungen ( Ausführung wie in der Übung 3 - Greifen beschrieben ) legen Sie besonderen Wert auf ein Greifen senkrecht nach oben ( so daß der Hund nach dem Apportierstück fast springen muß ) und auf ein Greifen nach unten, aus Bodennähe. Beim Greifen nach unten wird der Abstand zum Boden zentimeterweise verringert. Der Hund wird abhängig von der bisherigen Art des Trainings willig nach unten folgen, erst wenn das Apportierstück frei auf dem Boden liegt, wird es kritisch. Lassen Sie sich von Ihrem Hund nicht verschaukeln. Zwingen sie ihn genauso wie bisher mit hartem Griff in die Halskette dazu, das Apportierstück aufzunehmen. Hat er einmal begriffen, daß er auch dann zugreifen muß, wenn Sie nicht mehr die Hand am Bringsel haben, ist die Schlacht gewonnen und der Hund wird schnell lernen, auf jede beliebige Distanz zu bringen.

Ziel der Übung : der Hund muß auf das Kommando "Apport" das Apportierstück greifen, gleichgültig, in welcher Höhe es ihm vorgehalten wird oder ob es vor ihm auf dem Boden liegt.

Die Übung ist erfolgreich, wenn sich der Hund nach dem selbständigen greifen des Apportierstückes vom Boden wieder aufrichtet und das Apportierstück so lange festhält, bis Sie es sich ausgeben lassen.

5. Übung : Das Apportierstück holen ( vom Boden aufnehmen und bringen )

Mit dieser Übung kann begonnen werden, sobald der Hund das vorgehaltene Apportierstück / Bringsel aus unterschiedlichen Höhen greift.

Der Hund ist angeleint und sitzt. Sie legen das Apportierstück 2, 3, 4, 5, 8 bis 10 Meter vor dem Hund auf den Boden. Diesen Vorgang betonen Sie durch entsprechende Gestik, der Hund muß zuschauen. Dann stellen Sie sich neben den Hund und nehmen die Leine in die Hand.

Mit dem Kommando "voran apport !" und einem deutlichen Leinenruck gehen Sie schnell zu dem Apportierstück und zwingen den Hund mit den gewohnten Hilfen, das Apportierstück aufzunehmen. Sobald der Hund das Apportierstück im Fang hat, gehen Sie mit dem Kommando "Hier !" rückwärts zum Ausgangspunkt zurück, lassen den Hund vorsitzen und nach ein paar Sekunden Pause das Apportierstück ausgeben.

Bei dieser Übung ist besonders darauf zu achten, daß das Aufnehmen des Apportierstückes flott und ohne große Pausen geschieht. Der Hund lernt, daß das Bringen wichtiger ist als das bloße Aufnehmen, daß das Greifen nur ein Teil der Übung ist und daß das Erfolgserlebnis darin besteht, zu Bringen, korrekt vorzusitzen und nach dem Ausgeben tüchtig gelobt zu werden.

Sollten Sie bislang noch kein Virtuose in der Disziplin des Lobens sein, jetzt müssen Sie es werden; das Lob ist die einzige Methode, dem Hund die Freude am Bringen zu vermitteln.

Ziel der Übung : der Hund muß lernen, einen in einiger Distanz vor ihm abgelegten Gegenstand zu greifen und diesen zu bringen.

Die Übung ist erfolgreich, wenn der Hund auf den kurzen Leinenruck zum Kommando "Voran apport ! " sich willig in Bewegung setzt, zusammen mit Ihnen möglichst schnell zum Apportierstück läuft, es selbstständig und schnell aufnimmt und mit Ihnen, ohne es fallen zu lassen, zum Ausgangspunkt zurückkehrt. Die Distanz kann bis zu 10 Meter betragen.

6. Übung : Selbständiges Bringen

Mit dieser Übung kann begonnen werden, sobald das Aufnehmen von Boden  problemlos klappt, der Hund absolut ohne Hilfen das Apportierstück aufnimmt.

Der Hund sitzt ohne Leine. Sie legen das Apportierstück 5 bis 50 Meter vor dem Hund betont auf den Boden. Dann gehen Sie zurück zu Ihrem Hund und fassen leicht in die Halsung. Mit dem Kommando "voran apport !" geben Sie einen leichten Ruck an der Halsung und laufen 3 bis 4 Meter neben dem Hund her in Richtung Apportierstück. Sobald der Hund in Bewegung ist, bleiben Sie stehen. Der Hund läuft allein weiter zum Apportierstück und nimmt es auf.

Sobald der Hund das Apportierstück im Fang hat, rufen Sie den Hund mit "Hier !" heran und gehen gleichzeitig leicht gebeugt rückwärts zum Ausgangspunkt zurück. Kommt der Hund zögerlich, gehen Sie weiter rückwärts, bis der Hund heran ist. Notfalls drehen Sie sich um und laufen vom Hund weg. Ist der Hund heran, lassen Sie sich das Apportierstück in gewohnter Weise ausgeben. Der Hund wird überschwenglich gelobt.

Ziel der Übung : der Hund muß lernen, ein sichtbar vor ihm ausgelegtes Apportierstück sicher zu greifen und zu bringen.

Wichtig : üben Sie anfangs möglichst allein. Apportieren ist gleichzeitig auch ein zutragen der Beute. Der im Rudel Rangniedrigere bringt dem Rudelführer bzw. Ranghöherem. Bei einem Hund mit ausgeprägtem Rudelinstinkt kann es vorkommen, daß er nicht bringt, wenn sich sein Rudelführer in einer Gruppe anderer Personen befindet und nicht eindeutig zu identifizieren ist. Haben Sie bei Ihren Apportierübungen also Zuschauer, so gehen Sie bitte ein paar Meter vor oder seitlich von diesen weg; Sie ersparen dadurch dem Hund eine unnötige Konfliktsituation. Wird das Zögern des Hundes in solch einer Situation übersehen, kann es sehr schnell passieren, daß der Hund das Apportierstück nach seinen Begriffen erst einmal in "Sicherheit" bringt. Es wird dann irgendwo abgelegt oder vergraben.

7. Übung :  Bringen über Hindernis / Bringen unter Verleitung

Diese Übungen stabilisieren den Griff des Hundes. Einerseits darf er nicht zu fest zufassen, darf Wild nicht knautschen, andererseits muß er lernen, alle Bringsel so fest und sicher zu halten, daß er nichts verliert. Das gilt ganz besonders beim wiederaufsetzen nach einem Sprung. Deshalb darf mit dieser Übung erst begonnen werden, wenn der Hund Bringgegenstände einwandfrei identifiziert und absolut sicher und selbständig aufnimmt und zuträgt.

Außerdem muß der Hund lernen, daß durch das tragen von schweren Gegenständen sich seine eigene Statik, sein Schwerpunkt verändert und er deshalb seine Bewegungen sehr bewußt steuern muß.

Das Bringen über Hindernis kann geübt werden an niedrigen Gattern und Holzzäunen, wenn die Planken waagerecht verlaufen, oder an einem eigens dafür aufgebautem Hindernis :

Hindernis 1 :

Das erste Hindernis bildet einen kurzen Zaun und ist den gebräuchlichen Schafsgattern nachempfunden. Es besteht aus drei Elementen ( von Links ) : einem weniger stabilen Teil aus Holz, einem Teil aus Maschendraht ( am besten geeignet ist Wildschutz- oder Schafszaun ) und einem stabilen Teil aus Holz, bei dem sich der lernende Hund kräftig abstützen kann. Es ist hilfreich, wenn sich bei beiden Holzzaun-Teilen die oberste Planke abnehmen läßt.

Hindernis 2 :

Dieses Übungshindernis wird aus Fichtenstangen zusammengebaut, wobei die Seitenlänge ca. 3 m betragen sollte und die Höhe etwa 100 - 120 cm. Je größer die Grundfläche, desto besser. Bei zu eng gebauten Hindernissen kann es passieren, daß sich die Hunde nicht ausreichend bewegen können, oder daß sie sofort nach dem Einsprung auf der anderen Seite des Hindernisses wieder herausspringen. Alle Bringgegenstände müssen sich problemlos an vielen verschiedenen Stellen im Hindernis plazieren lassen, so daß der Hund gezwungen wird, danach zu suchen. Die Einsprungseite des Viereckes sollte niedriger sein und durch einschiebbare Stangen in der Höhe veränderlich, an den anderen drei Seiten sollte zumindest die oberste Stange fest verschraubt sein, damit sich der Hund bei einem Aus- oder Einsprung aufstützen kann. Die untersten Stangen sollten so dicht über dem Boden liegen, daß sich der Hund auch nicht unter dem Hindernis hindurcharbeiten kann ( Teckel, Terrier und Spaniel ). Die Stangen an der Einsprungseite sollten möglichst locker aufliegen, aber verkeilbar sein, so daß der Hund auch lernt, das Hindernis ohne abstützen, also im freien Sprung zu überwinden. Diesem Aspekt wird in Ausbildungskursen meist keinerlei Rechnung getragen, obwohl es immer wieder vorkommt, daß Hunde im jagdlichen Einsatz vor alten Wildzäunen oder anderen Drahtgebilden stehen und diese nicht überwinden können, weil sie den freien Sprung nicht geübt haben.

Zusätzlich bietet es sich an, den Hund beim Bringen über Hindernis zu verleiten und dadurch das Bringen weiter zu festigen.

 

7.1 Grundübung Bringen über Hindernis

Zunächst muß der Hund das Springen an sich erlernen. Dazu eignet sich am besten ein Hindernis  wie oben (Hindernis 1). Notfalls tut es auch eine Parkbank.

Der Hund sitzt etwa 5 - 8 Meter vor dem Hindernis und hat die Führleine an der Halsung. Sie geben das Kommando "Fuß!" und laufen auf das Hindernis zu. Während Sie ohne Verzögerung dicht an dem Hindernis vorbeilaufen, halten sie den Hund mit ausgestrecktem Arm seitlich auf Abstand und geben unmittelbar vor dem Hindernis das Kommando "Hopp!". Der Hund sollte nun in irgend einer Weise das Hindernis überwinden.

Stockt er vor dem Hindernis, bleibt er davor stehen, lassen Sie ihn auf keinen Fall um das Hindernis herumgehen. Stellen Sie sich hinter das Hindernis und loben Sie ihren Hund darüber. Notfalls unterstützen sie ihn durch Leinenzug und das Kommando "Hier!". Die Übung wird so lange wiederholt, bis der Hund flüssig das Hindernis überspringt oder überklettert. Wichtig ist, daß er es ohne weitere Unterstützung schafft.

7.2 Bringen über Hindernis

Sobald der Hund willig und auf einmaliges Kommando ein Hindernis überspringt, soll er das auch mit Bringgegenständen tun. Sinnvollerweise beginnt man mit kleinen Hindernissen und leichten Bringseln und vor allem an der Leine.

Übungsablauf : der Hund sitzt angeleint ca. 4 - 5 Meter vor dem Hindernis. Sie gehen mit dem Apportierstück zum Hindernis und legen es betont hinter / in dem Hindernis ab. Der Hund muß dabei zusehen. Auf keinen Fall wird das Bringsel über das Hindernis geworfen. Dann gehen Sie zurück zum Hund, nehmen die Leine in die Hand, und mit dem Kommando "voran apport !" laufen Sie auf das Hindernis zu. Während der Hund das Hindernis überspringt, bleiben Sie davor stehen, überwachen das korrekte aufnehmen des Bringsels und das zurückspringen mit dem Bringsel.

Auch darf der Hund keine Chance bekommen, das Apportierstück einfach liegen zu lassen, wenn es ihm beim Aufsprung aus dem Fang rutscht. In diesem Fall kommt sofort das Kommando "Apport!", der Hund muß nachfassen, das Apportierstück neu aufnehmen und an den Ausgangspunkt der Übung zurücktragen.

Ziel der Übung : der Hund soll lernen, ohne Führerunterstützung mit einem beliebigen Apportierstück Hindernisse aller Art zu überwinden und das Apportierstück beim Führer abzuliefern. Die Übungen sind erfolgreich, wenn der Hund auf einmaliges Kommando selbständig alle abgelegten Gegenstände bringt.

7.3 Bringen über Hindernis unter erschwerten Bedingungen

Diese Übung ist hervorragend dazu geeignet, das Bringen beim Hund zu festigen, seine Konzentration und Disziplin zu schulen und die eigene Position als Rudelführer zu untermauern.

Der Hund wird in Versuchung geführt. Zunächst einmal nur dadurch, daß die Bringgegenstände nicht mehr so offen ausgelegt werden. Sie werden ein wenig "versteckt", zum Beispiel in den Ecken des Einsprungkastens ( Hindernis 2 ) oder deutlich weiter hinter dem Zaun ( Hindernis 1 ) abgelegt, so daß der Hund danach suchen muß. Oder direkt unter dem Zaun / Einsprung. Dann werden die Bringsel auf das Hindernis gelegt. Den Oberländer Apportierbock kann man auch senkrecht auf den Boden stellen. Jeder Trick und jede Idee ist erlaubt, die den Hund zum denken zwingt. Es muß nur sichergestellt sein, daß der Hund aufgrund seines Ausbildungsstandes die Übung bewältigen kann. Zögert er in einer für ihn neuen Situation, muß ihm geholfen werden, ihm gezeigt werden, wie er das Problem am besten lösen kann.

Ist das Bringen soweit gefestigt, daß der Hund keine Mühe mehr hat und Freude an den Übungen zeigt, beginnen wir mit den Verleitungen. So kann zum Beispiel ein Helfer mit einem zweiten Hund den Apportiergegenstand oder das Hindernis in mehreren Metern Abstand umkreisen, während Ihr Hund das Kommando zum Bringen erhält. Oder es werden zwei Bringsel ausgelegt und der Hund wird zweimal unmittelbar hintereinander zum Apportieren geschickt. Manche Hunde werden in so einem Falle versuchen, beide Gegenstände gleichzeitig zu bringen. Sie sollen lernen, daß es besser ist, zweimal zu gehen. Ich habe schon erlebt, daß Hunde bei der Schleppenarbeit mit Hase oder Kanin versucht haben, beide Stücke zu bringen, was natürlich mißlang, und sie dann beide Kaninchen ratlos haben liegen lassen. Ein KlM, den ich einmal in Ausbildung hatte, hat regelmäßig auf der Haarwildschleppe ein Stück vergraben, bevor er das andere gebracht hat.

Die stärkste Verleitung besteht darin, den bringenden Hund in dem Moment, in dem er über das Hindernis springt, durch Wild oder Wildattrappen zu verleiten : an einer langen Schnur ziehen sie einen Tauben- oder Fasanflügel quer am Hindernis entlang, genau in dem Moment, in dem der Hund über das Hindernis springt. Ein Großteil der Hunde wird den Apportiergegenstand fallen lassen und das "Wild" fangen wollen. Hier kann dem Hund endgültig klar gemacht werden, daß ein Kommando "Apport !" keinerlei Freiraum läßt.

8. Übung : Verlorenbringen auf der Führerrückspur

Mit dieser Übung kann begonnen werden, sobald der Hund selbständig vom Boden aufnimmt und mehrere Meter weit ohne Unterstützung zuträgt.

Diese Übung ist wie keine andere geeignet, den Hund sinnvoll zu beschäftigen und seine (Rudel-) Instinkte zu fordern und fördern.

Der Hund geht frei bei Fuß neben Ihnen. Sie halten in Ihrer rechten Hand hinter dem Rücken verborgen ein Bringsel ( Jutebringsel ). In einem Moment, in dem der Hund seine Aufmerksamkeit nach vorn richtet, lassen Sie das Bringsel unauffällig hinter sich zu Boden fallen und gehen weiter, bis Sie die Distanz zurückgelegt haben, auf die der Hund sicher bringt. Dann bleiben Sie stehen, drehen sich um und fangen an zu  schauspielern : mit verzweifelter Miene und unter ständigem Gemurmel, bei dem immer wieder deutlich das Wort "verloren" vorkommt, bücken Sie sich zu Boden, tasten mit der Hand über den Boden und gehen so zentimeterweise wieder zurück in Richtung Bringsel.

Der Hund wird Ihnen erst verdutzt zusehen, dann mit der Nase den Boden neben Ihrer Hand abschnüffeln, aber ratlos bleiben. Sie gehen ungeachtet dessen ganz langsam zurück Richtung Bringsel. Beobachten Sie Ihren Hund ganz genau. In dem Moment, in dem er mit den Augen das Bringsel erfaßt, sagen Sie nochmals "verloren" und dann kommt das Kommando "Apport !". Der Hund sollte nun, soweit Sie bisher gründlich ausgebildet haben, freudig auf das Apportierstück zuspringen, es aufnehmen und zu Ihnen zurückkommen. Funktioniert das, lassen Sie sich unter den Anzeichen höchster Freude das Bringsel ausgeben. Belohnen Sie Ihren Hund mit seinem Lieblings-Leckerbissen.

Bei der weiteren Arbeit "Apport" haben sie nun die Möglichkeit, zwischen den Übungen Bringen auf Sicht und dem Bringen auf der Führerrückspur ständig zu wechseln, bis der Hund auf mehr als 50 m das abgelegte Apportierstück bringt und die Führerrückspur mehrere hundert Meter mit der Nase arbeitet.

Meine Aisha konnte die Rückspur noch nach 3 - 4 Stunden zügig arbeiten und die Spur konnte, abhängig vom Untergrund, über einen Kilometer lang sein. Hunde, die auf die Rückspur eingestellt sind, können eine 10 bis 15 Stunden alte Menschenfährte noch halten und voranbringen. Mir ist ein Schäferhund bekannt, der, gut als Fährtenhund ausgebildet, eine 19 Stunden alte Fährte noch arbeiten konnte. Soviel zum Leistungsvermögen einer Hundenase. Jeder, der seinen Hund auf der Wildschleppe oder Schweißfährte ausbildet, sollte sich darüber im klaren sein.

Ziel der Übung : der Hund soll lernen, der Fußspur des Führers so lange zu folgen, bis er findet und jeden beliebigen Gegenstand, den er dabei findet, bringen.

9. Übung : Verlorenbringen der Ente aus tiefem Wasser auf der Schwimmspur

An Gerät wird benötigt eine Angelrute und ein Magnetschnäpper. Anstelle der Angelrute tut es notfalls auch eine lange Gerte. Natürlich brauchen wir auch noch eine tote Ente. Der Magnetschnäpper ist in Metallfachgeschäften erhältlich. Nehmen Sie einen schmalen, länglichen mit kleiner Kontaktfläche, wie er zur Montage in kleinen Schränkchen benutzt wird. Den einen Teil des Magnetschnäppers bekommt die Ente fest um den Hals gebunden, der andere Teil wird am Ende der Schnur an der Angelrute oder Gerte befestigt.

Um von der toten Ente eine Schwimmspur zu bekommen, geht man an ein nicht zu breites stehendes Wasser mit etwas Deckung an wenigstens einem Ufer. Auf der gegenüberliegenden Seite wird mit ein paar Federn der Ente ein Anschuß markiert, und ein Helfer wirft den an der Angel befestigten Teil des Magnetschnäppers über das Wasser. Nun wird die Ente langsam schräg - und mit fortschreitender Sicherheit des Hundes im Ausarbeiten der Schwimmspur auch mit Haken - über das Wasser in die Deckung gezogen. Ein kurzer kräftiger Ruck mit der Gerte lößt den Magnetschnäpper und die Ente liegt in der Deckung frei im Wasser. Jetzt kann der Hund von der Anschußseite aus ins Wasser geschickt werden und die Schwimmspur arbeiten.

Soll die Schwimmspur mehrmals gezogen werden, müssen zwischen den einzelnen Arbeiten jeweils mindestens 20 Minuten Pause gemacht werden. Die Geruchspartikel halten sich verblüffend lange auf der Wasseroberfläche.

 

Schleppenarbeit

Die Arbeit auf der Federwild- oder Haarwildschleppe ist die Vorstufe zur jagdlichen Praxis, zum Verlorenbringen. Wird die Einarbeitung auf der Schleppe nicht sorfältig genug betrieben, wird der Hund in der Praxis zum Beispiel am geflügelten Fasan versagen. Der wartet nämlich nicht darauf, bis der Hund kommt und ihn greift. Im Gegenteil, er wird so schnell wie möglich die nächste Deckung annehmen - besonders beliebt sind Mais- oder Rübenfelder - und eine möglichst große Distanz zwischen sich und die Jagdgesellschaft bringen. Ein unerfahrener Hund hat nur schlechte Chancen, so einen Gockel noch zu erwischen. Was die ganze Sache erschwert, ist , daß seit Jahren auf den Herbstprüfungen die Schleppen falsch gezogen werden.

Ich habe noch keinen angeflickten Hasen oder geflügelten Gockel gesehen, der sich auf dem Rücken oder Bauch durch den Dreck schiebt, um eine möglichst kräftige Duftspur zu hinterlassen. Im Gegenteil : soweit es ihm noch möglich ist, wird er in noch größeren Sprüngen noch schneller und noch weiter zu fliehen versuchen als sonst.

Deshalb muß man sich vor der Schleppenarbeit entscheiden : soll der Hund nur auf eine Prüfung vorbereitet werden oder soll er für die Praxis und sein Leben lernen ?

Einfacher ist die Prüfungsvorbereitung. Der Hund wird im Prinzip auf die Fußspur des Schleppenziehers eingestellt. Dieser folgt er so lange, bis er etwas findet, das er kennt und apportieren kann. Oder bis er - auf der Schweißfährte - die Rehdecke findet. Das erklärt auch deutlich, warum bei Prüfungsschleppen vom Schleppenzieher 2 ( in Worten zwei ) Stück Wild abgelegt werden und warum der Hundeführer bestimmen kann, welches Stück zuerst ausgelegt werden soll. Bestimmt ein Führer das gezogene Stück als das zuerst abzulegende, erntet er meist erstaunte Blicke.

Daß menschliche Fußspuren für den Hund relativ lange wahrnehmbar bleiben, habe ich schon im Abschnitt Führerrückspur ausgeführt, der Wichtigkeit halber möchte ich es hier nochmals wiederholen :

Meine Aisha konnte die Rückspur noch nach 3 - 4 Stunden zügig arbeiten und die Spur konnte, abhängig vom Untergrund, über einen Kilometer lang sein. Hunde, die auf die Rückspur eingestellt sind, können eine 10 bis 15 Stunden alte Menschenfährte noch halten und voranbringen. Mir ist ein Schäferhund bekannt, der, gut als Fährtenhund ausgebildet, eine 19 Stunden alte Fährte auf Asphalt und Kopfsteinpflaster mit hunderten von anderen Fusspuren noch arbeiten konnte. Soviel zum Leistungsvermögen einer Hundenase. Jeder, der seinen Hund auf der Wildschleppe oder Schweißfährte ausbildet, sollte sich darüber im klaren sein.

Ich hoffe, Sie wollen Ihren Hund "richtig" ausbilden, für sein Leben und für die Praxis, und nicht nur für den schnellen Prüfungserfolg. Nachfolgende Anleitung soll es Ihnen ermöglichen.

Um den Hund auf die Wildwitterung zu fixieren, sollten während der Einarbeitung keine Fußspuren eines Schleppenziehers mit der Wildwitterung zusammentreffen. Deshalb muß die Schleppe von zwei Personen gezogen werden.

In der Mitte einer langen Feldleine wird das Schleppwild mittels Kurzleine ( Führleine ) mit einer Schlaufe befestigt. Die beiden Schleppenzieher halten die Feldleine zwischen sich straff gepannt, so daß das Schleppwild nicht ständig auf dem Boden schleift. Es genügt, wenn der Fasan oder die Taube alle 1,5 bis 2 Meter kurz den Boden berührt.

Es werden zunächst nur gerade Schleppen gezogen mit unterschiedlicher Länge. Diese unterschiedliche Gestaltung der Schleppenlänge ist ebenfalls von besonderer Wichtigkeit für eine gründliche Einarbeitung auf der Wildschleppe, weil ich, besonders auch bei falsch eingestellten Hunden, schon oft gesehen habe, daß Hunde mit mäßig ausgeprägtem Bring- oder Spurwillen schnell dazu neigen, eine Spurarbeit ( das selbe gilt natürlich auch auf der Schweißfährte ) abzubrechen, wenn die Schleppspur zu weit geht. Außerdem ist es besser, einen Hund zu fordern, ihn durch vielfältige und unterschiedliche Arbeiten

Zur Einarbeitung werden die ersten Federwildschleppen gegen den Wind gezogen, die nächsten ( bei möglichst leichtem Wind ) seitlich zum Wind, dann erst mit dem Wind. Wie üblich, wird am Ausgangspunkt der Schleppen ein "Anschuß" markiert mit ausgerupften Federn, und das Wild wird mehrmals kurz über den Boden gezogen, um die Stelle gut zu verwittern.

Alle Schleppen werden erst einmal ohne Haken, und, sobald deutlich erkennbar ist, daß der Hund die Spur sicher und flott voranbringt, mit einem und dann mit zwei stumpfen Winkeln gezogen. Es ist sehr sinnvoll, sich nicht ausschließlich an der Figur der Prüfungsschleppe zu orientieren :

 

Prüfungsschleppe

Beispiel einer Übungsschleppe

Durch das wildschonende markieren der Schleppspur kann immer das geschleppte Stück am Schleppenende ausgelegt werden. Dazu geht einer der beiden Schleppenzieher zum Schleppwild, macht es vorsichtig von der Leine ab, dann entfernen sich beide Schleppenzieher mindestens jeweils 40 Meter im rechten Winkel von der Schleppspur weg. Dabei ist es nicht besonders wichtig, daß sich die Schleppenzieher, wie sonst üblich, vor dem Hund verstecken, weil für den Hund kein direkter Bezug zwischen Schleppwild und Schleppenzieher existiert. Nur beim ziehen der Schleppe sollte er nicht zusehen.

Pro Übungstag sollte dem Hund nur eine einzige Schleppe gezogen werden, damit das Lob, sobald er bringt, nicht verschleißt, nicht an Wirkung verliert.

Sobald der Hund auf der Federwildschleppe im offenen Gelände absolut zuverlässig arbeitet, kann er umgestellt werden auf die Haarwildschleppe im Gehölz oder Stangen- bzw. Hochwald. Vorzugsweise beginnt man mit Kanin, da dies intensivere Witterung abgibt als Hase. Sobald der Hund mit dem Wild durch mehrmaliges Bringen auf Sicht vertraut gemacht wurde, wird ihm die erste Schleppe im lichten Laubwald gezogen. Jetzt natürlich nur von einem Schleppenzieher. Aber auch hier berührt das Wild nicht ständig den Boden. Es genügt auch bei der Haarwildschleppe, wenn der Hase oder das Kanin einmal pro Meter den Boden oder einen Ast berührt.

Vernünftigerweise vereinbaren Schleppenzieher und Hundeführer 15 bis 20 Minuten Stehzeit, bevor der Hund zum Bringen losgeschickt wird. 20 Minuten sind absolut ausreichend, um 150 bis 200 Meter im lichten Hochwald zurückzulegen, das Schleppwild abzulegen und in 20 bis 30 Metern Abstand hinter einem Baum Deckung zu suchen. Dadurch braucht sich der Schleppenzieher nicht durch Pfiff oder Ruf bemerkbar zu machen, sobald er die Schleppe beendet hat.

Schleppen im Wald werden mindestens 150 Meter weit und möglichst geradeaus gezogen. Wurde bis hierher konsequent gearbeitet, wird der Hund auf Anhieb zuverlässig arbeiten.

Gehen Sie mit einem so ausgebildeten Hund zu einer Herbstprüfung, so bitten Sie einfach den Schleppenzieher, das Schleppwild so zu behandels wie SIE es bislang getan haben, so daß das gezogene Stück abgelegt werden kann, ohne daß es durch Erde, Fichtennadeln oder Nässe allzusehr in Mitleidenschaft gezogen wurde. Jedes Stück Wild hat seinen Eigengeruch, so wie wir Menschen auch, und ein gut ausgebildeter Hund kann durchaus feststellen, ob die Schleppspur von dem ausgelegten Stück Wild stammt oder nicht. Bereiten wir ihm also keine überflüssigen Gewissenskonflikte und legen wir immer das geschleppte Stück aus. Das entspricht schließlich auch der jagdlichen Praxis.

Vorstehende Anleitung zum Apportieren stellte ich auf Anfrage dem Nachrichtenheft des Irish Setter Club Deutschland zum Abdruck zur Verfügung. Man wollte etwas “jagdliches” im Heft haben.

Daraufhin wurde ich mit folgendem Leserbrief gerügt:

 

Grausame Methode

Zur Titelstory ,Apportieren..."

Apportieren - spielend leichtgemacht

Meiner Meinung nach grenzt, und das sehen sicherlich viele Leser ganz genauso, die von Heinz Ettel in der August-Ausgabe beschriebene und empfohlene Technik, einem Hund dos Apportieren zu lehren, an Tierquälerei. Apportieren hat sehr wohl etwas mit „Stöckchen bringen" zu tun. So schreibt der berühmte Verhaltensforscher und Hundefreund Konrad Lorenz in seinem empfehlenswerten Büchlein „So kam der Mensch auf den Hund“ auf Seite 25 ff: ,,Bei allen Dressuren, die eine aktive Mitarbeit des Hundes verlangen, vergesse man nie, dass auch der bravste Hund kein „Pflichtgefühl“ hat und nur mittut, solange es ihm Freude macht. Dementsprechend ist hier jede Strafe unangebracht und wirkungslos. Nur die Gewohnheit veranlasst schliesslich den wohldressierten Hund, auch dann einen Hasen zu fangen, eine Spur zu verfolgen oder ein Hindernis zu überspringen, wenn er dazu eigentlich gar nicht aufgelegt ist. Besonders am Anfang einer derartigen Dressur, wenn also noch keine Gewohnheit, das Befohlene auszuführen, vorhanden ist, beschränke man die Versuche auf wenige Minuten und breche sie ob, sobald das Tier in seinem Eifer nachlässt. Es muss unbedingt im Tiere die Einstellung erhalten bleiben, dass es die betreffende Übung nicht ausführen muss, sondern darf".

Ich habe unserem jetzt eineinhalbjährigen Irish Setter-Rüden das Apportieren spielerisch und auf artgerechte Welse beigebracht. Seine Apportierleistung Ist in der Gehorsamsprüfung noch den Richtlinien des IRISH SETTER CLUB Deutschland mit ,,sehr gut" bewertet worden Der Hund bringt zuverlässig die verschiedensten Gegenstande auch aus tiefem Wasser. Nach dem Lesen des Artikels von Heinz Ettel habe ich unseren Setter aufgefordert, eine leere Saftflasche (eine Bierflasche hatte Ich gerade nicht zur Hand) zu apportieren, und nach gründlichem Beschnuppern brachte er sie mir willig heran. Die volle Flasche verweigerte er anfangs tatsächlich, doch nach einer Woche spielerischen Übens nahm er auch diese auf. Ich arbeitete diese Übung dann aber nicht mit ihm weiter, weil unser Hund keine Freude zeigte, das unangenehme, schwere Glas zwischen den Zähnen zu halten. Schliesslich ist diese Übung auch völlig unsinnig. Ich will damit nur zeigen, dass ein Hund auch ohne Druck dazu gebracht werden kann, selbst eine Glasflasche zu apportieren. Dass die SchH Ill-Hunde die Flasche nicht brachten, Ist einzig damit zu erklären, dass diese von klein auf ausschliesslich das Bringholz apportierten, während Aisha von Anfang der Ausbildung an lernte, verschiedene Gegenstande aufzunehmen. Das „Versagen“ der Schutzhunde in diesem Punkt ist also nicht darauf zurückzuführen, dass diesen Hunden das Bringen einzig mit Konsequenz, Geduld und Spass beigebracht wurde! Mag Heinz Ettel trotz der Auffassung zahlreicher Hundeexperten, Schutz- und Zollhundeführer seine Meinung weiterhin vertreten, aber er soll es unterlassen, allen Lesern und darunter sind wohl die meisten nur Hobbyhundehalter, seine grausame Methode zu empfehlen, um festzustellen, ob ein Hund über ein gesundes Nervenkostüm verfügt.

Ein Setter, der versucht, sich von zwei Leinen, die ihm die Luft abschnüren, zu befreien und sich dem massiven Druck und Zwang zum Apport zu entziehen, hat meiner Meinung noch keine Wesensmängel und reagiert auch nicht hysterisch, sondern zeigt, dass er einen Willen besitzt und noch nicht zur Marionette des Menschen abgewertet Ist.

Gerade bei unseren sensiblen Settern muss man mit Druck und Zwang sehr vorsichtig sein, wenn man seinen Hund nicht völlig verschüchtern und ihm jede Lebensfreude nehmen will. Wir nehmen uns das Recht heraus, Hunde zu züchten und bei uns in den Wohnungen zu halten. Dann sollten wir sie aber auch als vollwertige Rudelmitglieder behandeln und nicht als unsere Sklaven missbrauchen, die wie Roboter bis zur Selbstaufgabe ausführen, was auch immer wir ihnen befehlen. Ein Hund soll einem Menschen gehorchen, er muss ihm aber nicht hörig sein. Leute, die selbst in ihrer Kindheit unterdrückt wurden oder sich heute noch unterdrucken lassen, sollten lieber einen Therapeuten aufsuchen, als Ihren Frust am Hund auszulassen. Konrad Lorenz erzählt im bereits genannten Buch folgendes Beispiel: ,Ein blasser, schmalbrüstiger Herr mit bekümmertem und ärgerlichem Gesichtsausdruck, in seiner Kleidung von schäbiger Respektabilität, mit Stehkragen and Zwicker, kurz in jedem Zoll Büromensch und kleiner Beamter, ging mit einem sehr großen, sichtlich etwas unterernährten deutschen Schäferhund, der in gedruckter Haltung dicht bei Fuß einher schlich. Der Mann trug eine schwere Hundepeitsche, und als er plötzlich stehen blieb und der Hund dabei mit der Nase nur um wenige Zentimeter über die dressurmäßig festgelegte Linie vorwärts kam, schlug er hart und scharf mit dem Peitschenstiel nach der Nase des Hundes. Der Gesichtsausdruck des Menschen zeigte in diesem Augenblick einen solchen Abgrund von Hass und gereizter Nervosität, dass ich mich nur mühsam zurückhalten konnte, Anlaß zu einem öffentlichen Streit zu geben. Ich wette tausend gegen eins, dass jener unglückliche Hund seinem noch unglücklicheren Herren gegenüber genau die gleiche Rolle spielte, wie dieser im Büro einem vielleicht ebenso bedauernswerten Vorgesetzten." Will ich einem Hund abgewöhnen, eine bestimmte Handlung auszuführen, zum Beispiel den Sprung auf die Wohnzimmergarnitur, werde Ich ihm den Sprung, zum Beispiel den Hund mit Lärm erschrecken, vermiesen. Er verknüpft dann den Sprung mit dem negativ empfundenen Lärm und wird deshalb in Zukunft den Sprung auf das Sofa vermeiden. Mir ist aber nicht klar, warum ich etwas, was der Hund ausführen soll, mit negativen Erfahrungen koppeln soll. So habe ich dann auch einige Hunde gesehen, denen man mit Zwang versucht, das Apportieren beizubringen. Sie nahmen beim Anblick des Apportierholzes Downstellung ein oder ergriffen die Flucht. Einigen Hunden war das Holz so verleidet worden, dass sie selbst beim spielerischen Wegwerfen nicht mehr mit dem natürlichen Hochspringen reagierten. Das unterstützt auch die Auffassung von Tierarzt Bruce Fogle, der in seinem Buch ,,Was geht in meinem Hund vor" schreibt, dass Bestrafung das Gegenteil des Gewünschten bewirken kann und man daher damit besonnen umgehen soll. Weiter schreibt er zum Thema Bestrafung auf Seite 216, „körperliche Strafe ist beim Hund ein integrierender Bestandteil der Wesensentwicklung. Sie ist bei weitem nicht so bedeutsam, wie manche Hundeausbilder meinen. Zwar bestrafen Mütter ihre Welpen, doch haben Erik Wilsson und Per Erik Sundgren in Schweden beobachtet, dass die Welpen dadurch zu unsozialen Gemeinschaftstieren werden und beim Apportieren und anderen sozialen Aktivitäten schlechter abschneiden. Körperliche Strafen erfolgen auch später, wenn sich die Beziehungen innerhalb der Meute entwickeln. Dabel sind aber praktisch die Bestrafungen Ausdruck dominanten Verhaltens, hoben jedoch nichts mit Verhaltensweisen wie Bellen, Harnlassen, Graben, Erforschen oder Kotabsetzen zu tun."

Folglich auch nichts mit Apportieren. Deshalb ermuntere Ich jeden Leser dazu, seinem Hund das Apportieren so attraktiv wie möglich zu machen. Wenn ihr Hund ihnen auf diese Welse auch nicht die volle Bierflasche aus dem Keller holt, bringt er ihnen nach konsequentem, aber einfühlsamem, geduldigen Üben bestimmt eines Tages mit Freude die Zeitung heran.

Corinna Wiegand (Obermumbach)

 

Antwort auf den Leserbrief von Corinna Wiegand

Vielen Dank für Ihren Leserbrief, liebe Frau Wiegand. Ich freue mich, zumindest ein Mitglied unseres Vereins erreicht zu haben. Leider haben Sie wichtige Absätze des Artikels schlichtweg übersehen. So heißt es da unter anderem :

Deshalb zeigt sich beim Apportieren der wahre Hundeführer, der Meister im Loben. Denn die Freude des Hundes, seine Begeisterung kommt mit dem Erfolg, und je größer das Lob, desto größer der Erfolg für den Hund, desto schneller, zuverlässiger und vielseitiger wird seine Bringleistung. Jeder Hund wird den Menschen am meisten lieben, von dem er gefordert wird. Der ihm einen eindeutigen Platz im Rudel zuweist,  dem er all sein Können und alle seine Fähigkeiten beweisen darf, und von dem er dafür gelobt und gestreichelt wird. 

Wie beim Menschen, so gibt es auch unter Hunden unterschiedliche Charaktere. Arbeitswillige und Faule, Lernfreudige und Dumme, Disziplinierte und Unbeherrschte, Choleriker und sanftmütige Dulder. Jeder Hund braucht, um mit dem geringstmöglichen Aufwand ein optimales Ergebnis zu erzielen, ein speziell auf seinen Charakter abgestimmtes Trainingsprogramm.

oder :

Sollten Sie bislang noch kein Virtuose in der Disziplin des Lobens sein, jetzt müssen Sie es werden; das Lob ist die einzige Methode, dem Hund die Freude am Bringen zu vermitteln.

Es gibt unzählige Methoden, einen Hund erfolgreich zum Apportieren zu bringen, die spielerische Gewöhnung ist nur eine davon. Viele Hunde bringen ausreichende Bringfreude mit auf die Welt, um durch zwanglose Automatismen durchaus befriedigende Leistungen zu bringen. Aber : in den 20 Jahren, in denen ich mich mit Jagd- Schutz- und Begleithunden beschäftige, mußte ich lernen, daß spielerische, zwangfreie Ausbildung keine zuverlässige Arbeit garantiert. Ein Beispiel :

letztes Wochenende war ich bei einer VGP. Ein Hund kam auf der Fuchsschleppe an den Fuchs, nahm ihn korrekt auf, und war dann fast 20 Minuten lang spurlos verschwunden. Vermutlich traf er auf dem Rückweg zum Führer auf Rehe, warf den Fuchs weg und hetzte die Rehe, denn wir konnten einige in hohen Fluchten aus einer Dickung springen sehen. Der Fuchs war und blieb verschwunden.

Es ist deshalb eine Frage des Maßstabes und der Anforderungen, ob ein Hund gründlich ausgebildet wird oder ob man sich mit der Formung der vorhandenen Instinktleistungen begnügt. Auch Konrad Lorenz, den Sie zwar richtig zitieren, aber falsch interpretieren, spricht vom "wohldressierten" Hund. Es ist ein großer Unterschied, ob ich mir einen Hund halte, weil ich ihn zur Ausübung der Jagd brauche, oder nur, weil ich ihn schön finde und etwas Abwechslung in meinen Alltag bringen möchte.

Deshalb wird der Jäger und gewissenhafte Hundeführer ( wie auch Konrad Lorenz ) immer von einer gründlichen, von Zwang begleiteten Ausbildung sprechen, während andere, z. B. Sportführer, durch den spielerischen Aufbau von Automatismen die Anlagen eines Hundes nutzen und formen werden. Entscheidend ist die Zielsetzung, der Zweck der Ausbildung.

Sollten Sie schon einmal vor einer Gruppe von "Hunde-Neulingen" gestanden haben, denen Sie erfolgreich zeigen müssen, wie deren Hunden das Bringen zu vermitteln ist, wäre Ihnen der schwierige Balanceakt zwischen Lob und Zwang bestens vertraut. Nicht jeder hat wie Sie einen Hund, der nur durch Lob zum absolut zuverlässigen Bringen der verschiedensten Apportiergegenstände oder von Wild gebracht werden kann. Und sicher ist allgemein verständlich, daß man einen passionierten Jagdhund durch Schokoladeplätzchen nicht von Hasenhetzen abhalten kann.

Deshalb bitte ich Sie, diesen Beitrag nochmals zu lesen, gründlich, und unter dem Gesichtspunkt, daß Jagdhunde durchaus auch ihren eigenen Kopf haben. Dann werden Sie feststellen, daß in diesem Artikel das Lob ganz besonders hochgehalten wird, von Strafen oder Schlägen aber nichts zu lesen ist.

Heinz R. Ettel

 

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